Besserer Zugang zum Recht (Access to Justice) durch staatliche Anerkennung informeller Justizsysteme? Zur Relevanz rechtssoziologischer Forschung für die Außen- und Entwicklungspolitik
Matthias Kötter
Zugang zum Recht (Access to Justice) bezeichnet die institutionellen und sozialen Bedingungen der Verwirklichung von Rechten. In der internationalen Sicherheits- und Entwicklungspolitik wird der Begriff heute vielfach als Leitbild für „gutes Recht“ und „gute Justiz“ verwendet, in den Konzepten und Programmen der in diesen Bereichen tätigen Akteure kommt ihm zentrale Bedeutung zu. Neuere Ansätze setzen dabei vor allem auf die Förderung informeller nicht-staatlicher Justizsysteme und ihre Einbettung in übergeordnete rechtliche Ordnungen, meist ein staatliches Recht. Doch verspricht die offizielle Anerkennung von nicht-staatlichen Rechtssystemen Access to Justice, oder unter welchen Voraussetzungen ist dies der Fall? Von dieser Frage ausgehend wird zunächst an eine Debatte über Zugang zum Recht erinnert, die hauptsächlich am Ende der 1970er Jahre in der Rechtswissenschaft geführt wurde. Obwohl in begrifflicher wie auch in methodischer Hinsicht erhellend, schließen die neueren Überlegungen in den Konzepten und Programmen der politischen Praxis nicht an diese Debatte an.
Access to justice is the term used to denote the institutional and social conditions for the realization of rights. In recent international security and development policy, the term is used in various ways as a guiding principle for “good law” and “good justice,” and, for actors in these sectors, it has assumed central importance in their concepts and programs. Newer approaches particularly emphasize support for informal, non-state justice systems and their integration into the superordinate legal system, mainly in state law. Yet, does the official recognition of non-state legal systems guarantee access to justice, and under what conditions is this the case? Starting from this question the paper first retraces the formulation of the concept of access to justice in constitutional legal thinking principally at the end of the 1970s, and second discusses whether non-state justice systems can provide access to justice in an equivalent manner and which conceptual and normative drawbacks arise.