European Governance – nicht neu, aber anders
Tanja A. Börzel – 2006
Das Regieren im EU-Mehrebenensystem beruht auf der Kombination und Durchdringung zweier Steuerungsformen: der hierarchischen Koordination über supranationale Entscheidungsprozesse (Mehrheitsentscheidungen und hoheitliche Weisung) auf der vertikalen Dimension einerseits, und der nicht-hierarchischen Koordination über die freiwillige Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten über inter- und transgouvernementale Netzwerke auf der horizontalen Dimension andererseits. Entgegen den Erwartungen von Verfechtern eines "Europa der Regionen" konnten sich die lokalen Gebietskörperschaften nicht als dritte Regierungsebene in der EU etablieren. Sowohl entlang der horizontalen wie auch der vertikalen Dimension findet man mit Ausnahme der Sozialpolitik kaum institutionalisierte Formen der Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Akteuren. Auch transnationale Netzwerke, über die wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteure aus einzelnen Mitgliedsstaaten im EU-Politikprozess mitentscheiden, haben sich kaum herausgebildet. Das bedeutet allerdings nicht, dass private Akteure in der EU keine Rolle spielen.