Unheimliche Begegnungen. Der Bürger und "sein" Polizist – am Beispiel der Stadt Buenos Aires
Ruth Stanley – 2006
Am Beispiel der argentinischen Bundespolizei zeigt die Verfasserin, wie die Ressource der autoritativen Staatsmacht, mit der die Polizei als Vollstrecker des staatlichen Monopols auf legitime Gewaltanwendung ausgestattet ist, de facto privatisiert wird. Die Polizei setzt diese Macht zu privaten Zwecken ein, die nichts mit der Herstellung öffentlicher Sicherheit in rechtsstaatlichem Rahmen zu tun haben. Zum einen geht es um kommerzielle Interessen, also um Polizeiarbeit als Geschäft, zum anderen um Imagepflege. Zum erstgenannten Bereich gehören (1) privater Kauf von Polizeidienstleistungen, (2) die Quasi-Delegation der polizeilichen Autorität, (3) Schikanen, um die Polizeikasse zu füllen, und (4) Korruption. In den Bereich der Imagepflege fallen Festnahmen, um die Polizeistatistik aufzubessern, und mediale Inszenierungen von Verbrechensbekämpfung. Das Repertoire polizeilichen Handelns ist für die Bürger schwer durchschaubar und zwingt sie in diverse Rollen, die von der Polizei bestimmt werden - der Bürger wird zur Ressource der Polizeiarbeit.