Von Kaschmir bis Afghanistan. Die Gewaltfiguration in Südwestasien
Boris Wilke – 2006
Seit Beginn der 1990er Jahre kann man von einer umfassenden Gewaltfiguration sprechen, deren Verästelungen über Kaschmir, Pakistan und Afghanistan hinaus nach Zentralasien und bis in die Golfregion reichen. Die Gewaltakteure dieser Figuration machen den Regierungen das Gewalt- und Steuermonopol streitig, untergraben die gesatzten politischen Ordnungen und generieren ihre eigenen ökonomischen und politischen Chancen. Sie sind damit in politischer, ökonomischer und ideologischer Hinsicht in den Wettstreit getreten mit Staaten, deren Staats- und Nationenbildungsprozess entweder noch nicht abgeschlossen (Pakistan, Indien) oder sogar noch in den Anfängen begriffen ist (Afghanistan). Neben die völkerrechtlich anerkannte Staatenordnung sind in der Region 'private' Gewaltordnungen getreten. Eine wohl überlegte 'Privatisierung' der Außenpolitik Pakistans hat potente nichtstaatliche Gewaltakteure wie die Taliban, Al Qaida und die kaschmirischen Jihad-Organisationen hervorgebracht, die grenzüberschreitend agieren.