SFB Working Paper 75 erschienen
Das Working Paper 75 "The coupling of State and Sharia Justice Systems in a Secular State: The Case of Ethiopia" von Girmachew Alemu Aneme erschienen.
News vom 18.04.2018
Die verfassungsrechtliche Anerkennung der Sharia Gerichtsbarkeit hat der äthiopischen Rechtswissenschaft eine Diskussion über Rechts- und Justizpluralität beschert. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, inwieweit es im Verhältnis des Sharia-Rechtssystems zum staatlichen Recht Äthiopiens zu Widersprüchen und evtl. zur Unvereinbarkeit einzelner Regeln und Prinzipien kommt, die durch die Trennung der Gerichtsbarkeiten noch verstärkt werden. Beide Rechtssysteme basieren auf unterschiedlichen Legitimationsund Gerechtigkeitsgrundlagen. Während das staatliche Recht durch die Verfassung der Föderalen Demokratischen Republik Äthiopien legitimiert wird, bezieht das Sharia-Recht seine Legitimation aus dem göttlichen Recht des Islam, wie es der Koran überliefert. Die grundsätzlichen Entscheidungen des Obersten Gerichts und der für die Bewahrung des Verfassungsrechts zuständigen Organe in der Sache Kedija Bashir et al., die hier ausführlich analysiert werden, ermöglichen wichtige Einblicke in die Voraussetzungen und Wirkungen gerichtlicher und insbesondere verfassungsgerichtlicher Kontrolle von Entscheidungen der Sharia Gerichte. Die Untersuchung lotet den Spielraum für eine gemeinsame normative Grundlage beider Rechtssysteme aus, auf der ihnen die gebotene Autonomie gewährt wird und die zugleich einen beiderseits anerkannten normativen Mindeststandard – im Sinne von ‘ordre public’ – gewährleisten kann.